Nach einer unverhofft gemütlichen Zugfahrt (trotz Ausfall aller gebuchten Verbindungen) und einer gemeinsamen Pizza begaben wir uns am Vorabend der Konferenz ins Prinsen Hotel in Amsterdam. Der spontan gefasste Plan, am nächsten Morgen mit Fiets (Fahrrädern) zum Veranstaltungsort zu kommen, scheiterte zwar an den Öffnungszeiten des Verleihs, aber mit einem Uber kamen wir noch pünktlich für ein Heißgetränk und zum ersten Talk im Theater Amsterdam an.
Mit On-Stage-E-Gitarren-Einsatz zum Start, jeder Menge Live-Coding und On-the-Fly-Pull-Requests auf GitHub war für Unterhaltung und Inspiration gesorgt. Die ganze Konferenz stand unter dem Zeichen des VueJS-Ecosystems und der Zusammenarbeit der riesigen und äußerst vielfältigen VueJS-Community. Für einige von uns war es die erste Teilnahme an einer Konferenz und das Vite Core-Team sah sich zum ersten Mal IRL, wie die Teilnehmer:innen während der sehr spannenden Podiumsdiskussion verrieten. In den Pausen standen uns, neben leckerer Verpflegung, Brett- und Konsolenspiele zur Verfügung sowie jede Menge Gewinnspiele und Sticker an den Sponsoring-Ständen.
Jede:r von uns erzählt im Folgenden, was uns auf der Reise und bei der Konferenz besonders beeindruckte.
Jonas: Seitdem ich wusste, dass ich auf die VueJS Amsterdam fahre, habe ich vor allem den Vorträgen rund um Nuxt 3, Vite, Vitest und natürlich auch Neuerungen für Vue 3 entgegengefiebert. Was soll ich sagen? Ich wurde definitiv nicht enttäuscht! Vermutlich könnte ich stundenlang von all den neuen Features, die bereits im Vergleich zu Nuxt bzw. Vue 2 dazugekommen sowie noch geplant sind, sprechen. Hier einige meiner Favoriten: Vue Komponenten können in Markdown geschrieben werden, Nuxt DevTools, Vite- und Nitro-Einsatz in Nuxt 3 und NuxtStudio.
Weitere spannende Talks befassten sich mit:
- Dem Virtual DOM, welches in Vue genutzt wird, und wie man es selbst implementieren kann,
- Einer neuen Art und Weise eigene Komponenten durch Storys zu beschreiben (Histoire),
- Sowie verschiedenen Möglichkeiten, eine Webseite zu rendern – und natürlich, wie dies in Nuxt 3 konfiguriert werden kann.
Insgesamt war dies nun meine dritte Konferenz. Ich fand es hier sehr angenehm, dass es nur eine Stage und feste Pausenzeiten für alle gab. Dadurch war es einfacher, sich zu vernetzen / auszutauschen sowie sich die Unternehmensstände anzuschauen. Es ist schön, unter echten Leuten an einem echten Ort zu sein und diese nicht nur über den Bildschirm zu sehen – auch wenn diese Tatsache dem immer noch standhaften Klischee unseres Jobs „kontaktscheu zu sein“ widersprechen mag.
Julia: Am meisten überrascht hat mich wohl die Erkenntnis, dass obwohl 16% der Weltbevölkerung auf barrierefreie Webapplikationen angewiesen sind, nur etwa 3% aller Webseiten für alle Menschen ohne Einschränkungen zugänglich sind (laut WebAIM Million). Maria Lamardo erklärt in ihrem Talk “Prevent, Catch and Fix Accessibility Issues”, welche Arten der Beeinträchtigungen es gibt und wie sie digital aufgefangen werden können. Ich nehme daraus mit, dass wir ein Auge auf diese Aspekte haben und unsere Kunden mit ins Boot holen sollten, um allen ein gleichermaßen entspanntes Surferlebnis zu ermöglichen.
Des Weiteren war es spannend zu erfahren, was der Lighthouse-Performance-Test eigentlich genau aussagt. Die Bedeutung des Scores ist u.a. davon abhängig, was die Webseite beinhaltet. Je komplexer der Content, desto niedriger darf der Zielwert liegen – bei großen E-Commerce-Seiten etwa können schon 60 % in Ordnung sein. 100 ist also nicht gleich 100 und immer abhängig von mehreren Faktoren, wie Browser, Standort, Endgerät … und der Lighthouse Version. Filip Rakowski erklärte in seinem Talk „You are probably using lighthouse wrong“, wie man das Ergebnis der Performance-Tests richtig interpretiert.
Für mich war es die erste Konferenz überhaupt und sie hat all meine Erwartungen vollkommen übertroffen! Das Theater in Amsterdam ist eine Erscheinung - außen wie innen. Die Verpflegungs- und Unternehmensstände waren gut auf dem Gelände verteilt und doch waren überall Menschen, sodass ohne Ende genetzwerkt werden konnte. Inhaltlich waren die Vorträge ganz bunt gemischt, aber alle gleichermaßen spannend und humoristisch. Besonders beeindruckt hat mich das Live-Coding an der gigantischen Leinwand und die Nahbarkeit der Speaker, insbesondere des Vite-Core-Teams.
Thomas: Für mich gehörte ganz klar das Vite-Panel zu einem der Höhepunkte der Konferenz. In einer Podiumsdiskussion saßen zehn Entwickler:innen des Core-Teams von Vite gemeinsam auf der Bühne und stellten sich den Fragen der Community. In diesem Format wurden die Bedeutung der Zusammenarbeit, der persönliche Bezug zur Entwicklung sowie die gegenseitige Wertschätzung der Entwickler:innen deutlich.
Natürlich, Evan You als Creator des Frontend-Build-Tools hatte bei Punkten zur Vision, Vergleichen zu webpack und Migrationsmöglichkeiten den meisten Input. Sachlich erklärte er, wie er ESM vorantreiben wollte und wie es zum Konzept eines Framework-unabhängigen Tools kam, wovon nun auch React, Svelte, Astro und andere profitieren können. Interessant zu erfahren war auch, dass Vite das Leben einiger Entwickler:innen gewandelt hat. So beteiligten sich viele an der Weiterentwicklung, sind mit Vite zum ersten Mal in die Open-Source-Szene eingetaucht oder beschäftigen sich tagtäglich mit dem Tool ("Es ist, als wäre es mein Kind.").
Insgesamt machten die eher ruhigen Entwickler:innen des Core-Teams einen menschlichen Eindruck. Das Coden, gemeinsame Voranbringen und Spaß dabei zu haben steht für sie im Fokus, Bühnenpräsenz gehört nicht für alle dazu ("Bisher stand ich vor maximal 30 Leuten."), und genau das macht sie so nahbar und vermittelt das Gefühl, dass auch jeder andere im Saal mit seinem Input einen wertvollen Beitrag für Open Source leisten kann.
Für mich war weiterhin der Vortrag von Markus Oberlehner zum Thema Testing spannend, da er sich mit einem grundsätzlichen Gedanken zum Setup auseinandersetzte: "Entkopplung" - und das auf mehreren Ebenen. So sollte man sein Testing-Framework nicht direkt ansprechen, sondern in einer Zwischenschicht auflösen, welche APIs tatsächlich Anwendung finden. Das dient nicht nur dem offensichtlichen Zweck, dass das verwendete Framework einfacher austauschbar wird (z.B. vitest statt jest), sondern v. a. der Konzentration auf die wesentliche API-Implementierung für den jeweiligen Anwendungsfall. Entkoppelt sollte auch das User-Interface sein. So sollte man nicht von einem speziellen Interface ausgehen, sondern über das Abbilden einer DSL (Domain-Specific-Language) die User-Interaktionen generischer beschreiben. Dies kann über Konfigurationsobjekte oder auch Metasprachen wie Gherkin erfolgen.
Viele gute Eindrücke bleiben von dem geballten Know-how auf der Konferenz, vor allem aber von der Offenheit der Entwickler:innen und der abfärbenden Motivation, auch selbst in der Community tätig zu werden.
Tibor: 2020 habe ich die Konferenz zum ersten Mal besucht und freute mich umso mehr auf einen erneuten Besuch. Ich wurde nicht enttäuscht und wir alle hatten nach der Konferenz dieses Gefühl von Freude, Passion und von “Jetzt weiß ich, dass ich nichts weiß!”.
Die Redner:innen nahmen uns mit auf ihre Reise durch die Open-Source-Welt. Sie erzählten uns, wie die Vue-Community mittlerweile viele ihrer Tools Framework-agnostisch entwickelt und damit allen Entwickler:innen nützt, und wir erlebten, dass es neben den lauten Tönen der weltweit größten Vue-Konferenz mit all den Ankündigungen und dem Spektakel auch viele leise und zutiefst menschliche Töne gab. Da war der unglaubliche Pooya Parsa (pi0), der Grüße an die Frauen im Iran und insbesondere die Entwickler:innen sendete, die der Konferenz nicht beiwohnen können, weil sie verfolgt werden und für ihre Rechte kämpfen müssen. Da war der Konferenzleiter, der am Bühnenrand mit seiner Tochter auf der Schulter umherlief. Da waren so viele Menschen, die das erste Mal vor so vielen Leuten und auf dieser unfassbaren Bühne standen, die über ihren Schatten gesprungen sind und dafür zurecht von den Teilnehmer:innen gefeiert wurden.
Es ist eine Konferenz mit unglaublich positivem Vibe, der auch nicht durch das gelegentlich stark beanspruchte WLAN beeinflusst wird. Die Community feiert nicht nur sich selber, sie ist auch offen gegenüber Herausforderungen, anderen Strömungen und Ansichten, und das macht für mich die Stärken dieser Konferenz aus – neben der Fachlichkeit die Menschlichkeit und Toleranz.
Hier, wo 100/100 nicht das Ziel beschreibt, sondern einen kontinuierlichen Weg, einen Dialog, da finde ich mich als Entwickler auch wieder. Wie Julia schon beschrieb – ein Messwert wie Performance ist relativ zu vielen Faktoren, nicht zuletzt zum Faktor Zeit. Wir können heutzutage viele Metriken erfassen. Häufig offenbart sich der Wert nicht anhand einer Einzelmessung. Verlässlichere Daten erhalten wir durch Messungen über Zeit, über die Auswertung von Tendenzen. Dabei helfen uns Tools wie Lighthouse oder Axe DevTools als Indikatoren, um automatisiert erkennbare Probleme aufzudecken.
Das wertvollere Feedback für unsere Applikationen erhalten wir jedoch aus Nutzertests, worin sich Redner:innen wie Debbie O’Brien oder Maria Lamardo einig waren. Filip Rakowski beschrieb zudem, dass die Daten des Chrome UX Reports (kurz: CrUX; Big Data echter Chrome Nutzer) deutlich prägnanter sind als Labordaten durch einzelne Lighthouse Tests. Schließlich geht es nicht um 100/100, sondern um zufriedene Nutzer:innen.
Derart beflügelt und bestärkt schlossen unseren Besuch in Amsterdam am nächsten Morgen mit einer Grachten-Tour ab, was nach der Afterparty nicht nur touristisch sehenswert war, sondern auch gut, um die zwei Tage zu rekapitulieren und die besondere Stimmung nachklingen zu lassen.
Davin: Der erste Talk „Alive and Kicking. A Vue into Rock& Roll!“ glich mehr einem Konzert als einem Talk. Es war ein toller Einstieg in die zweitägige Konferenz, in dem Tim Benniks von seinen Gittarenskills überzeugte. Während er live E-Gitarre spielte, durften wir als Zuschauer:innen in Echtzeit auf seiner Webseite abstimmen, welchen Song er als nächstes spielen soll. Im Live-Poll konnte man die Stimmen für die verschiedenen Lieder sehen und beobachten, wie die Profilbilder der GitHub-User, die ihre Stimmen abgegeben hatten, durch das Bild hüpften. Zusätzlich wurde der Sound der E-Gitarre grafisch angezeigt, was die Webseite sehr lebendig machte. All das mit Hilfe von Vue. Obwohl Benniks nur kurz auf die Funktionsweise eingegangen ist, und wie er Vue dabei benutzt hat, war es ein sehr gelungener Start in die VueJS Amsterdam und hat meine persönlichen Vorstellungen von einer Tech-Konferenz zu einem JavaScript-Framework total übertroffen.
Als Trainee und dualer Student im ersten Semester war dies die erste Konferenz, die ich zusammen mit HDNET Kolleg:innen besuchen durfte. Dementsprechend wusste ich vorher nicht so richtig, was mich erwartet. Ich hatte Bedenken, zu wenig zu verstehen und in den verschiedenen Talks noch nicht mitzukommen. Diese Sorge hat sich aber nicht bestätigt. Im Gegenteil! Allein die Stimmung zu erleben und die verschiedenen Entwickler:innen aus der ganzen Welt reden zu sehen, war für mich mega aufregend und spannend. Inhaltlich gab es Vieles, was für mich noch neu war, aber genau dazu – um zu lernen – bin ich ja nach Amsterdam gereist. Die Konferenz half mir dabei, Grundideen darüber zu bekommen, wie VueJs eigentlich funktioniert. Die Impulse und der Input, den ich dabei mitnehmen durfte, werden mir mit Sicherheit in Zukunft helfen.
Lorenz: Am meisten hatte ich mich auf den Talk von Debbie O’Brien über Playwright gefreut, weil ich mich kürzlich schon für ein Projekt in das End-to-end-Testing-Framework eingearbeitet hatte. Besonders die intuitive Schreibweise und Core-Features, wie das Persistieren des Logged-in-Zustands im localStorage finde ich gut. Dadurch werden die von sich aus langsamen End-to-End-Tests sehr viel schneller.
Evan Yous Vortrag hat mich inspiriert, ein älteres Vue-2-Projekt schon einmal Schritt für Schritt für die Migration nach Vue 3 vorzubereiten. Denn zum einen kündigte er das EOL für Vue 2 am 31.12.2023 an, und zum anderen, was ich nicht wusste: man kann script setup auch in Vue 2 verwenden. Im Unklaren hat Evan in seinem Talk zwar gelassen, wann genau, aber der Vapor-Mode für Vue 3 wird in diesem Jahr kommen. Damit lässt sich die Performance noch mal steigern, indem Single-File-Components ohne Umweg über das Template bzw. das Virtual DOM als reines JavaScript geschrieben und kompiliert werden, ganz ohne Rückgriff auf die schwer lesbare Render-Function, die ich noch nie sonderlich mochte.
Außerdem spannend: Lucie Haberer hat gezeigt, wie man ein NPM-Package erstellt und releast. Eduardo San Martin Morote stellte ein Modul für typed Routes vor, das durch die einhergehende Autovervollständigung etwa von Route-Parametern oder bei Benutzung von Route-Namen die Fehleranfälligkeit stark reduzieren kann. Wäre cool, wenn das Package bald Teil vom Vue Core würde.
Neben dem ganzen technisch Spannenden war es sehr schön, Kolleg:innen aus anderen Teams besser kennenzulernen und abends noch ein bisschen gemeinsam durch Amsterdam zu ziehen. Dabei habe ich auf jeden Fall auch Lust bekommen, bald mal wieder einen Städte-Trip dorthin zu machen.
Die gesamte Truppe, vom Auszubildenden bis zum Senior-Entwickler, konnte etwas aus den Talks mitnehmen. On top hatten wir zum Ende noch eine richtig gute After-Party, bei der wir mit Sébastien Chopin (Nuxt-Initiator) tanzten, ein Selfie mit Debbie O’Brien (Microsoft/Playwright) machten und Evan You (VueJS-Initiator) beim Karaoke-Rap erleben konnten.
Wir sind uns alle einig: Wir wollen noch mal zur VueJS Amsterdam!
Und: Es lohnt sich wirklich nicht, den Rechner mitzunehmen.
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